Stereoskopie

Stereoskopie
Ste|reo|sko|pie 〈f. 19; unz.〉 Technik zur fotograf. Wiedergabe räumlich wirkender Bilder

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Stereoskopie
 
[zu griechisch skopeĩn »betrachten«] die, -, Raumbildverfahren, die Technik, ein dreidimensionales Objekt optisch so aufzunehmen und wiederzugeben, dass es auch mithilfe seiner ebenen Abbildung räumlich wahrgenommen werden kann. Dabei sieht jedes Auge das ihm zugeordnete »Halbbild« des von zwei Punkten aus aufgenommenen Objekts. Der Abstand zwischen den Punkten entspricht in der Regel dem durchschnittlichen Augenabstand von etwa 65 mm. Die beiden Halbbilder zeigen das Objekt mit vom Aufnahmestandpunkt abhängigen, gering voneinander abweichenden Perspektiven (Querdisparation). Im Sehzentrum des Gehirns verschmelzen die Halbbilder, wie beim natürlichen räumlichen Sehen, zu einem Bild und erzeugen einen plastischen Bildeindruck. In Abhängigkeit von der Basisbreite verändert sich die Querdisparation der Objektpunkte auf den Netzhäuten und bestimmt damit die stereoskopisch erfassbare Raumtiefe.
 
Neben der Möglichkeit, stereoskopische Bildpaare unter Beachtung der Perspektivverschiebung zeichnerisch herzustellen, wird v. a. die Stereofotografie zu diesem Zweck eingesetzt. Eine sehr einfache Variante ist der Stereoschieber, der es gestattet, mit einer normalen Kamera ein stereoskopisches Bildpaar zu erzeugen. Er wird auf einem Stativ befestigt; er enthält einen Schlitten, auf dem die Kamera horizontal um die Basisbreite verschoben werden kann. Die Bilder werden nacheinander aufgenommen, weshalb das Verfahren auf unbewegte Objekte beschränkt ist. Auch für normale Kameras geeignet sind Stereovorsätze, die vor dem Kameraobjektiv befestigt werden. Mit diesen paarigen Prismensystemen werden innerhalb des normalen Negativformats gleichzeitig zwei stereoskopische Teilbilder erzeugt. Die Stereokamera ist ein spezieller fotografischer Apparat mit zwei im Augenabstand voneinander angeordneten gleichen Objektiven, deren Entfernungseinstellung, Blende und Verschluss miteinander gekoppelt sind und werden synchron betätigt.
 
Für die Betrachtung von Stereobildern gibt es eine Reihe von Verfahren. Im Stereoskop sind die Halbbilder seitlich (wheatstonesches Stereoskop) oder nebeneinander (Linsenstereoskop, Spiegelstereoskop) angeordnet und werden über Spiegel beziehungsweise durch geeignete Linsen oder Okulare jedem Auge getrennt dargeboten. Mit Stereokameras aufgenommene Halbbilder müssen zur Betrachtung wegen des umkehrenden optischen Strahlengangs gegeneinander vertauscht werden. Beim Stereoskop sind Betrachtungsabstand und Blickrichtung fixiert, sodass der entsprechende, für einen einwandfreien Stereoeffekt notwendige Parallaxenabstand gegeben ist. Bei der Stereoprojektion ist dagegen der stereoskopische Bildeindruck oft nicht störungsfrei, da hier Betrachtungsabstand und Blickrichtung nicht festgelegt sind. Man projiziert die beiden Halbbilder übereinander auf einen Schirm und trennt sie für jedes Auge nach dem Anaglyphenverfahren (schwarzweiß) oder indem man gekreuzte Polarisationsfilter vor die Projektionsobjektive schaltet (auch farbig, nicht depolarisierende Metallprojektionswand erforderlich). Für die Betrachtung sind entsprechende Brillen notwendig. Verfahren, die die Verwendung von Spezialbrillen überflüssig machen, bei denen z. B. streifenweise ineinander geschachtelte Halbbilder auf Rasterbildwände projiziert oder unter transparente Linsenrasterfolien gedruckt (Xographie) werden, haben sich nicht durchgesetzt. Hier sollen die Raster jedem Auge das zugeordnete Halbbild zulenken, was jedoch nur bei strikter Einhaltung des entsprechenden Betrachtungsabstandes möglich ist. Inzwischen hat die Weißlichtholographie (Holographie) den stereoskopischen Rasterdruck ersetzt.
 
Angewendet wird die Stereoskopie in sämtlichen technisch-wissenschaftlichen Bereichen, besonders in der messenden Fotografie und Photogrammmetrie.
 
 
Das Stereoskop wurde 1836 von C. Wheatstone und D. Brewster erfunden. 1856 meldete der britische Optiker John Benjamin Dancer (* 1812, ✝ 1887) eine Stereokamera zum Patent an. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Stereoskopie äußerst populär. 1903 fand die erste stereoskopische Filmvorführung durch die Brüder A. und L. J. Lumière statt.
 
 
W. Pietsch: Stereofotografie (Halle/Saale 21962);
 L. H. Bräutigam: Die Kleinbild-Stereo-Fotografie (21991);
 G. Kuhn: Stereofotografie u. Raumbildprojektion (1992).

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Ste|reo|sko|pie, die; - [zu griech. skopeĩn = betrachten]: Gesamtheit der Verfahren zur Aufnahme u. Wiedergabe von Raumbildern.

Universal-Lexikon. 2012.

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